Gemeinde Merklingen

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Das Merklinger Gemeindewappen

Von jeher gilt in jedem Bauernhaus der Grundsatz: „Selbstgesponnen, selbstgemacht“ für das Wirtschaften. Jeder Bäuerin war es ein Anliegen ihres Herzens, den eigenen Haushalt jahraus, jahrein mit Weiß- und Bettzeug, samt einem guten Teil der Kleidung in eigener Erzeugung zu versorgen. Dazu wollte sie immer noch eine Siedel, oder auch etliche, voll schneeweißer, wohlduftender Leinwand im Vorrat haben.

Das alles erforderte aber immer wieder die Jahre hindurch viel Fleiß und Mühe, Erfahrung und reiches Können. Was lag nicht alles zwischen der Aussaat von Flachs und Hanf und dem Einbringen des gebleichten Tuches in der Siedel! Das wars: Rupfen, Spraiten und Aufheben, Brechen und Schwingen, Reiben und Hecheln, Spinnen und Haspeln, Sieden und anderes Zurichten des Garns für den Weber. Endlich kam dann das Weben selbst, das sehr oft daheim im eigenen Hause, in der „Dung“, geschah. Als Allerletztes kam dann noch das Bleichen.

Zuerst und ursprünglich bleichte jede Haushaltung ihr Tuch selbst auf einem Grasplatz beim eigenen Haus, auf einem unbebauten Gemeindegrund oder an irgendeinem sonnigen Rain um den Flecken herum. Wer über eine eigene, eingefriedigte Bleiche verfügte, konnte seines auch über Nacht wohl liegen lassen. Sonst aber holte man es abends fürsorglich herein und „spraitete“ es am andern Morgen wieder aus.

Doch gab es auch umfangreiche private oder staatliche Bleichanlagen. Dies waren die Lohnbleichen, die Leinwand zum Bleichen annahmen. Solche Lohnbleichen fanden sich mit der Zeit besonders da, wo in ihrem Umkreis der Anbau von Hanf und Flachs und die Erzeugung von Leinwand besonders stark betrieben wurde, wie etwa auf der Uracher- und Blaubeurer Alb. Die Bleichen von Blaubeuren und Urach mögen Beispiele für derartige Bleiche sein.

Im Laufe der Zeit sind aber auch die Gemeindebleichen aufgekommen. Die Gemeindeverwaltung übernahm die Obhut über die ausgelegten Stücke Tuch. Auf unserer Gemeindebleiche steht sogar noch das Bleichhäuslein. Die Gemeindebleichen boten zu bestimmten Zeiten des Jahres ein Bild ameisenhafter Emsigkeit. Lassen wir einen solchen Umtrieb auf unserer Merklinger Bleiche lebendig werden!

Wo der östliche Hang, vom „Lehr“ gegen unser Dorf her, oben wieder zur Ebene wird, da dehnt sich der magere Rasen unserer Tuchbleiche. Es ist in der Maienzeit. Über die freie Fläche gleiten die ersten Strahlen der heraufkommenden Morgensonne. Die Vormittagssonne saugt gierig dort das letzte Tröpflein Tau, die Mittagssonne brütet darauf, die flimmernde Hitze des Nachmittags zittert darüber und auch noch die allerletzten Strahlen der untergehenden Sonne liegen dort auf Gras und Stein. So soll es sein: Sonne und Licht, und noch einmal Licht, das sind die wirksamen Kräfte der vollkommenen Bleiche.

Im Dorf drüben hat der Büttel gerade ausgeschellt: „Morgen früh um sieben Uhr wird die Bleiche aufgemacht!“ Das bringt Unruhe in manches Haus! In aller Eile muss man da und dort noch Tuchstücke „Bschlingen“ (an den geschnittenen Seiten einsäumen), man muss noch „Tuchbändel“ annähen und „Tuchnägel“ herrichten. Geht man auf die Bleiche so muss vorher alles gerichtet sein, will man sein Tuch auf einen günstigen Platz bringen. Man will nämlich nicht in den Schatten des Bleichhäusleins gedrängt werden, aber auch nicht an den, an der Bleiche vorbeiführenden und vielbegangenen Fußweg. Aus guten Gründen.

Und jetzt ist der Tag, an dem die Bleiche aufgemacht wird, angebrochen. Pünktlich zur festgesetzten Stunde sind die eilenden Fraunamen und ihre Hilfen mit den gewichtigen, getragenen oder geführten Tuchschätzen auf der Bleiche eingetroffen. Zuerst gibt es da ein kurzes Rennen um die Plätze. Streitereien werden an Ort und Stelle vom Büttel und dem anwesenden Schultheiß geschlichtet. Und jetzt wird der Bleicherasen weit herum mit kräftigem, grauem Leinen bekleidet. Damit der Wind das Tuch nicht mitnimmt, werden die Tuchstücke mit den an ihren Ecken angenähten Tuchbändeln an die, in den Boden geschlagenen hölzerne Tuchnägel angebunden.

Neben dem Schultheißen und dem Büttel ist auch der Tuchhirt am Platz. Der notiert sich genau, wie viel Tuchstücke von jeder Sorte ihm vom einzelnen Haus anvertraut worden sind. Über die Aufgabe des Tuchhirten belehrt uns seine Amtsbezeichnung. Das in der Mitte der Bleiche stehende Bleicherhäuslein gibt ihm bei Tag und Nacht Unterschlupf. In seinem Innern stehen Bett, Tisch und Stuhl, in der Ecke auch ein kleiner Ofen. Ein scharfer wachsamer Hund erleichtert dem Tuchhirten seine Pflicht. Vor dem Häuslein steht das Wasserfass zum Annetzen der ausgespraiteten Tücher. 

Während der Zeit, in der das Tuch auf der Bleiche liegt, muss es öfters gewendet werden, damit es auf beiden Seiten gleichmäßig besonnt wird. Alle vierzehn Tage etwa holen die Frauen ihr Tuch nach Hause zum „Bauchen“. Dabei werden die Tuchstücke in einer großen „Gelte“ mit Zapfen durch mehrere Stunden mit kochender Lauge, die aus Holzasche und einem Zusatz von Brennnesseln gewonnen wird, immer und immer wieder übergossen werden, was das Bleichen sehr fördert. Den Abschluss des Bleichens bildet das „Ausbürsten“, das ist eine letzte und recht gründliche Wäsche des gebleichten Tuches. Wenn alle Stücke dann gut getrocknet sind, so werden sie zu strammen Ballen gerollt und von den älteren Jahrgängen in der weiten und tiefen Siedel verstaut. Voller Stolz überblickt die Bäuerin die Frucht ihres Mühens und Schaffens.

„Das war einmal!“ So müssen wir nach diesem Blick in vergangene Zeiten sagen. Nirgends in unserem ganzen Schwabenland werden wir mehr eine Tuchbleiche finden. Aber in unserem Merklinger Wappen, da ist Verlassenes und Vergessenes lebendig geworden: am besonnten Hang unserer Heimat blinken helle Tuchspraiten, versorgt und gehegt vom Tuchhirten in unserem Bleichhäuslein.